Es ist ein wunderschöner Sommertag und ich mache einen Spaziergang über die Wiesen. Duftender sanfter Sommerwind streicht über mein Gesicht, ich rieche die Wiesenblumen und Gräser und suche nach den Farben des Sommers. Am Anfang des Sommers werden wir überschüttet mit Farben, die erst im Spätsommer blasser werden.

Wiese vor dem Sommergewitter

Wiese vor dem Sommergewitter

Dort eine ungemähte Wiese: Der warme Wind bewegt die hohen Gräser und Blumen. Ich laufe durch das hohe Gras, meine Hände streifen Margeriten, Kornblumen, hellblaue Glockenblumen, noch viele andere, deren Namen ich nicht alle kenne. Schmetterlinge in vielen Farben flattern vom Blume zu Blume. Jetzt zeigen die kugelrunden Samen des Löwenzahn, dass es Sommer geworden ist. Pusteblume! Ich breche einen Stängel ab, und puste die Samen davon,schaue ihn en zu, wie sie federleicht wie kleine Fallschirme davon fliegen.

Im Schatten unter einem alten Baum atme ich die leichte warme Luft ein, schaue über die Wiese, rieche Gräser und Blüten. Der Baum hält schützend seine Äste über mich, die Zweige bewegen sich leicht im Wind. Die Ruhepause unter dem Baum tut mir gut. Ich lausche dem Vogelgesang über mir im Baum. Das Gras unter meinen Händen fühlt sich noch feucht an. Ich fühle das Moos, die verschiedenen Gräser, meine Hand ertastet etwas Hartes im Gras, einen Stein.

Ich löse ihn aus der Erde, halte ihn fest. Er sieht aus, als wollte er entdeckt werden. Wie lange mag er hier schon liegen? Er passt genau in meine Hand, fühlt sich glatt an. Ich wiege ihn in der Hand, suche nach Linien, versuche die Farbe zu bestimmen. Dann schaue ich mich nach anderen Steinen um, die genauso versteckt im hohen Gras liegen. Ich nehme zwei und schlage sie aneinander und höre auf ihren Klang.

Aufgetürmt zu großen und kleinen Haufen liegen sie da am Wegrand, Steine in allen Größen. Kein Stein gleicht dem anderen. Gräser, Blüten und Kletterpflanzen  umranken sie. Ein paar andere sind mit Moos besetzt. Alle haben Zeichen aus uralten Zeiten, Kerben, Linien, Einschlüsse, Absplitterungen. Allerlei Pflanzen hangeln an dem Steinhaufen hoch. Ich möchte sie mir alle anschauen und empfinde die Schönheit ihrer Formen.

 

Ich schaue in die Landschaft, aus der diese Steine hervor gekommen sind. Sehe Wiesen auf langen weichen Hügelketten, in ihremInneren Sand und Steine verborgen. Ich fühle wieder meinen Stein und die langsame Bewegung von Jahrtausenden in meiner Hand. Die Reise der Steine durch das kühle Wasser der großen Wasserströme, die Ruhe in der hügeligen Erde, das Aufbrechen der Erde durch Menschenhand.

 

Ich setze meinen Spaziergang fort und nehme den Stein mit, der so ruhig und glatt in meiner Hand liegt. Nichts besonderes, nichts aufregendes ist in dieser Landschaft. Weideflächen, sanfte Hügel, ein Bach, eine Brücke darüber, und doch bleibt man stehen, sieht sich um, atmet tief durch und ist gefangen von der  Ruhe, die diese Landschaft ausstrahlt.

 

Meine Schritte führen mich auf die Brücke und ich schaue ins Wasser. Auch dort Steine. Das Wasser gurgelt und hüpft über sie hinweg. Ich finde Gefallen an diesen Steinen, die dort so glänzend und klarem Wasser liegen, die schon alle Geschichte erlebt haben und deren Reise nie beendet sein wird. 

 

Auch mein Heimweg ist nun gepflastert von alten Steinen. Welche Fuhrwerke sind über sie hinweg gefahren? Wie viele Menschen sind hier gegangen? Und dort, ein alter Wegstein, behauen von Menschenhand, er soll uns den Weg zum nächsten Dorf weisen. 

 

Da erblicke ich den mächtigen Kirchturm, vor langer Zeit aus Steinen erbaut. Diese Steine gehören zum Leben der Menschen hier. Hinter gemauerten Steinen haben sie Schutz gesucht. Die Steine des Kirchturms könnten erzählen von den Nöten und Ängsten der Menschen, von den Feinden, die den Turm umlagerten. Den Menschen, die diese Mauern geliebt haben, weil sie ihnen Schutz boten, weil sie hier ihren Kummer erzählen konnten, in ihnen beteten. Immer noch strömt der Turm, gebaut aus Feldsteinen, große Steinkraft aus. 

Ich setze mich auf eine Bank unter der Linde vor der Kirche und schaue über die grünen Wiesen zum See. Zarte Dunstschleier steigen aus dem See auf. Ein Gefühl der Leichtigkeit und Freude erfüllt mich und ich beginne meine Heimweg durch den sanften erfrischenden Sommerwind. 

 

Ganz langsam nehme ich wieder meinen Körper war. Ich fühle mich, ich gehe zurück ins Bewusstsein und bin wieder da.